Selbsthilfegruppe „Lebensfreude“ nimmt an „Mobbing-Kongress“ in Bad Boll teil

Mobbing sei kein neues Phänomen, sagte einer der anwesenden Teilnehmer einer Selbsthilfegruppe aus Ludwigsburg, sondern nur ein neues Wort für Psychoterror am Arbeitsplatz. Mobbing mache nicht nur psychisch krank, sondern verursache Dauerstress und sei eine Art sozialer Ausgrenzung, weshalb dringend gegengesteuert werden müsse. Zumindest war die Forderung nach der 3tägigen Veranstaltung der Teilnehmer an die Politik,  dass nun endlich gehandelt werden müsse. Mobbing führe oft zur völligen Erschöpfung der Betroffenen bis hin zur Selbstaufgabe, wo auch Betriebe und Unternehmen gefordert seien, beklagten einige anwesende Gewerkschaftsvertreter, die die Ursache von Mobbing auch in der schlechten Führungskultur sehen. Es wurde aber auch deutlich, dass oft gezielt „Mobber“ bei Umstrukturierungsmaßnahmen eingesetzt werden, um teure und unbequeme Arbeitskräfte loszuwerden.

Daher sei gerade bei „Mobbing“ Zivilcourage von starken Personen gefragt, die öffentlich durch Wort und Tat gegen Ungerechtigkeiten, Missstände, Gewalt, aber auch gegen Ignoranz sowie Trägheit Stellung beziehen – und zwar ungeachtet eines gewissen persönlichen Risikos – was diese öffentliche Stellungnahme mit sich bringt, sagt Dr. Axel Esser, Diplom-Psychologe und Autor einiger Fachbücher. Zivilcourage sei immer dann besonders wirkungsvoll, wenn missbräuchliches Verhalten aufgedeckt und nicht nur darüber geredet werde. Es gehe um die richtige Tat im richtigen Augenblick. Zivilcourage sei aber gerade dann erforderlich, wenn die Mehrheit schweige. Menschen mit Zivilcourage würden die Feiglinge beschämen, stellt Esser fest und verwies auf das Buch „Wer mutig ist, der kennt die Angst“ von Johannes Czwalina, erhältlich beim Brendow-Verlag.

Während der informativen Veranstaltung wurde auch auf den Solidaritätskreis „Einer für alle – alle für einen“ in Baden-Württemberg aufmerksam gemacht, dem Ulrich Schirmer als Gewerkschafter der IG-Metall vorsteht und in erbitterten Auseinandersetzungen gegen die Kündigung seines Kollegen Roberto Kyas  bei Porsche Stuttgart-Zuffenhausen gekämpft hatte und dann selbst die Kündigung erhielt. Fast acht Jahre lang ging es Porsche in mehr als 20 Prozessen stets um das Eine: Den unbeugsamen Gewerkschafter endlich los zu werden. Vor Gericht steckte Porsche eine Niederlage nach der anderen ein. Nicht nur die gerichtlichen Auseinandersetzungen, sondern auch 75.000 Euro Zwangsgelder an die Staatskasse mussten gezahlt werden, weil Porsche sich beharrlich weigerte, Ulrich Schirmer weiterzubeschäftigen. Insgesamt fünfmal wurde dem heute 58-jährigen die Kündigung ausgesprochen. Selbst ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts im Januar 2006 ließ Porsche nicht einlenken. Das Gericht konnte seinerzeit für die Kündigung keine Gründe im Verhalten von Ulrich Schirmer finden. Also ließ Schirmer auch nicht locker und pochte auf sein Recht und freie Meinungsäußerung im Betrieb und bot immer wieder seine Arbeitskraft an. Für einen Schlussstrich hatte im Jahre 2010 die Zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg gesorgt und die fünfte Kündigung für unwirksam erklärt sowie den Auflösungsvertrag des Arbeitgebers zurückgewiesen. Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht wurde nicht mehr zugelassen.

Dass sich ein Kampf für die Gerechtigkeit lohnt, das weiß auch Karin Hurrle. Wenn es auch manchmal lange dauere bis eine Umkehr komme, so sei auch sie zuversichtlich, dass in Bezug auf „Mobbing“ was bewegt werden kann. In Bad Boll konnte nämlich die Selbsthilfegruppe „Lebensfreude“ ihr Netzwerk mit anderen Selbsthilfegruppen, Juristen, Psychologen und Gewerkschaftern ausbauen. Eine Petition soll demnächst über die Bundestagsabgeordneten von Baden-Württemberg nach Berlin weitergeleitet werden. Ein entsprechendes Forum soll dann eingerichtet werden, wo man durch seine Unterschrift diese Petition unterstützen kann. Viele Aktivisten haben bereits ihre Mithilfe zugesagt.

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